Über dubiose Anbieter von Copywriting-Kursen

Copywriting-Kurse

Copywriting-Kurse kann jeder anbieten. Leider auch unseriöse Abzocker. Ich arbeite seit über 20 Jahren als Texter und Copywriter und war 13 Jahre bei Deutschlands führender Agentur, Jung von Matt. Ich darf also behaupten, mich in der Branche auszukennen. Es macht mich daher fassungslos, welche Märchen manche Anbieter von Copywriting-Kursen im Netz verbreiten.

Ein zentrales Versprechen ist dabei besonders häufig zu beobachten: Absolviere unseren Copywriting-Kurs, dann wirst du reich. Vor dem Kurs: ungelernt und unmotiviert an der Supermarktkasse. Nach dem Kurs: von 0 auf 20.000 € im Monat, 40.000 € im Monat oder sogar 50.000 € im Monat. Wow. Klingt super. Ist aber nur eine Masche, um den Kurs zu verkaufen.

Richtig ist: Ein guter Copywriter hat einen Tagessatz von 750 bis 850 €. Ist der Copywriter einen Monat durchgebucht, verdient er also zum Beispiel 20 Arbeitstage x 800 € = 16.000 €. Das ist aber nur sehr selten der Fall. Es gibt meistens einige Tage Leerlauf zwischen den Aufträgen. Wer gut dabei ist, verdient zwischen 9.000 und 14.000 €, aber auf keinen Fall 20.000 €, 40.000 € oder gar 50.000 € monatlich. Das ist Unsinn. Die Anbieter erzählen solche Märchen, weil angehende Copywriter solche Zahlen gerne hören, Herzklopfen bekommen und den Kurs buchen. Buche ich einen Kurs, bei dem ich erst nach vielen Monaten 9.000 bis 14.000 € verdienen kann oder einen Kurs, bei dem ich sofort 50.000 € monatlich auf dem Konto habe? Hm, schwere Entscheidung. – Leider ist der Einzige, der wirklich reich wird, der unseriöse Anbieter dieser dubiosen Copywriting-Kurse. Schade, dass immer wieder Leute auf diese Blender hereinfallen. Wie gut und fundiert kann ein Copywriting-Kurs sein, wenn der Anbieter solche Märchen erzählt?

Inzwischen gibt es auch in der Presse Berichte über dieses traurige Phänomen. Lesenswert ist etwa der Artikel „10.000 Euro monatlich? Das steckt hinter dem Coaching für Copywriter“ von Melanie Raidl in der österreichischen Tageszeitung Der Standard, der auch online verfügbar ist.

dubiose Copywriting-Kurse
Die österreichische Tageszeitung Der Standard berichtet über unseriöse Anbieter von Copywriting-Kursen.

Dubiose Anbieter von Copywriting-Kursen nutzen die Magie der hohen Zahlen.

Von den absurd hohen Zahlen, mit denen viele Anbieter werben, geht eine besondere Magie und Anziehung aus. Das Versprechen von 50.000 € Gewinn im Monat löst Träume aus, die mit einem Lottogewinn vergleichbar sind. Die Masche, goldene Berge zu versprechen, ist nicht neu und beschränkt sich nicht auf Copywriting-Kurse. Dieses Phänomen kann man bei allen möglichen Coachings und Online-Kursen beobachten. Ohne Vorkenntnisse von 0 auf 500.000 € Gewinn im Jahr? Kein Problem, heißt es da. In drei Monaten zur finanziellen Unabhängigkeit? Na klar, man muss nur wissen, wie’s geht, verspricht der Anbieter.

Eine Coaching-Lady verkündete in ihrem Newsletter stolz, sie habe in diesem Monat wieder die 50.000 € Gewinnzone geknackt. Wahnsinn, dacht ich mir und klickte auf ihre Website. Ich gab die Adresse im Impressum ihrer Website in Google Maps ein und staunte nicht schlecht, als sich die Adresse als Mietwohnung eines nicht gerade schönen Hochhauses herausstellte. Die Dame verdient also monatlich rund 50.000 € und wohnt zur Miete in einem nicht gerade schönen Hochhaus? Warum wohnt sie nicht in einer schicken Villa oder in einer tollen Wohnung in Bestlage? Vielleicht, weil das mit dem 50.000 €-Monatsgewinn gar nicht stimmt? Weil es nur eine Masche ist, um Kurse zu verkaufen?

Das Ganze ist kein Einzelfall. Auf den Websites mancher Anbieter kann man sich Videos von Testimonials ansehen, die von ihren Erfolgen berichten, die sie den Copywriting-Kursen zu verdanken haben. Seltsam: Diese jungen Leute verdienen angeblich mehr als ein Arzt, sind aber in Wohnungen zu sehen, die alles andere als schick und modern wirken.

Absurd hohe Zahlen sind schnell hingeschrieben. Überprüfbar ist das nicht. So kann jeder einfach behaupten, im letzten Jahr 827 Copywriter ausgebildet zu haben, von denen nun 92,5% über 145.350 Euro im Jahr verdienen würden. Die Magie der Zahlen gaukelt dem Leser vor, den vermeintlichen Erfolg präzise zu beschreiben. Schließlich steht da nicht „800“ Copywriter, sondern „827“ Copywriter, da muss also jemand ganz genau gezählt haben.

Copywriting-Kurse verwandeln die Absolventen angeblich in reiche Weltenbummler mit kleinem Nebenjob

Nicht fehlen darf die Story vom ortsunabhängigen Copywriter, der die Welt bereist, im Dschungel Abenteuer erlebt, mit dem Kanu den Amazonas erkundet, in New York auf hippe Partys geht, über die chinesische Mauer flaniert und nebenbei ein bisschen arbeitet – mit 20.000 € Monatsumsatz versteht sich. Cool. Aber ebenfalls ein Märchen. Klar kann man als Copywriter von überall aus arbeiten. Aber: Du hast auch Deadlines. Du hast auch Videocalls. Du hast auch Verpflichtungen. Du bist zwar Freiberufler, aber nicht wirklich „frei“ wie ein Vogel. Nein, das ist leider nicht so.

So mancher Anbieter dubioser Copywriting-Kurse zeigt sich gerne im Urlaub in exotischen Umgebungen. Rate mal, wie er oder sie das finanziert hat? Mit ehrlichem Texterhandwerk? Oder mit Opfern, die seine Copywriting-Kurse buchen?

Vom Praktikanten zum selbsternannten Creative Director.

Der normale Karriereweg beginnt mit einer Ausbildung. Du erlernst einen Beruf und arbeitest dich dann auf der Karriereleiter nach oben. Mit deiner Erfahrung wächst dein Gehalt. Bis du irgendwann Meister deines Fachs bist und richtig gutes Geld verdienst.

Wenn man sich die Versprechen in den dubiosen Copywriting-Kursen ansieht, ist das Ganze völlig anders: Du erlernst das Handwerk, hast keine Erfahrung, aber du verdienst – angeblich – sofort wie ein Meister. Realistisch? Wohl kaum.

Interessant ist auch, dass die Kursanbieter oft verblüffend jung sind. Haben die eigentlich selbst jahrelang als Copywriter gearbeitet? Wissen die wirklich, wovon sie erzählen? Wohl kaum. Muss auch nicht sein, man kann sich ja einfach selbst zum Creative Director befördern. Auch dann, wenn man eigentlich nur ein Jahr Junior-Texter in einer unbekannten Agentur war. Vom Junior-Texter zum Copywriting-Guru – kein Problem für diese Leute. Unter dem oben angesprochenen Artikel „10.000 Euro monatlich? Das steckt hinter dem Coaching für Copywriter“ von Melanie Raidl kommentiert eine Leserin:

Copywriting Kurse Erfahrungen
Wer nach Referenzen fragt, wird gern mal geblockt.

Bleibt zu hoffen, dass diese Blender irgendwann vom Markt verschwinden. Es ist schade um jeden Euro, den man in diese Angebote investiert. Für alle, die ihr Geld nicht in diese Kurse investiert haben, ist das Ganze überaus amüsant. Der Satiriker Jan Böhmermann hat sich in einer seiner Sendungen damit beschäftigt. Viel Spaß mit dem Video! Und: Bloß nicht auf goldene Berge und absurd hohe Zahlen hereinfallen.

Der Satiriker Jan Böhmermann über unseriöse Coaches und Kursanbieter.